Hallo, ich habe folgende Routenbeschreibung im Netz gelesen. Die Diskussion geht auf der homepage übrigens noch weiter...
Kritik zum Buch »La Palma« (Börjes/Koch
Wir waren im Februar eine Woche auf La Palma mit dem Führer von Börjes/Koch, fünfte Auflage 2005. Nicht unser erster Müllerführer, wir haben mit dem »Golf von Neapel« (Machatschek) sowie »Lanzarote« (Eberhard Fohrer) gute bis hervorragende Erfahrungen gemacht und gewährten Müllerführern somit einen gewissen Vertrauensvorschuss, denn wir durch die »La Palma«-Erfahrung leider wieder einziehen müssen. Wir sind dabei gerne bereit, einen Teil der schlechten Erfahrung eigener Doofheit in Rechnung zu stellen, den anderen Teil müssen wir hingegen Börjes/Koch ankreiden. Wir halten ihn für den größeren.
Zu den Fakten: Wir haben die Große Caldera-Wanderung gemacht (Autorentipp, auch empfohlen, wenn man nur einen Tag zur Verfügung hat). Die Wanderung beginnt im Taburiente-Tal, bietet dort die Möglichkeit, sich mit einem Jeep in einer Stunde zu einem Aussichtspunkt fahren zu lassen, führt dann innen am Krater entlang nach unten und im Flussbett wieder aus dem Krater hinaus. Vom Aussichtspunkt bis zum Ausgang werden 5,5 Stunden reine Gehzeit veranschlagt, weshalb geraten wird, diese Wanderung keinesfalls nachmittags zu beginnen. Auch solle man sie nicht nach starken Regenfällen beginnen. Es hatte zwei Tage lang wenig bis nicht geregnet.
Zum Geschehen: Weil die Wegbeschreibung erst am Aussichtspunkt beginnt und mittags kein Jeep da war, dachten wir (Doofheitspunkt 1), laufen wir halt mal zum Aussichtspunkt. Unterwegs dämmerte uns, dass ein Jeep in einer Stunde auch bergauf relativ weit kommt (zwölf bis 13 Kilometer, um genau zu sein, verteilt auf 900 Höhenmeter). Und wir wären fast umgekehrt, bis wir überrascht nach drei Stunden am Aussichtspunkt waren. Da war es nachmittags um drei. Weil die Aussicht so schön war und wir wussten, dass es bis acht brauchbar hell bleibt, sind wir (Doofheitspunkt 2) trotzdem losmarschiert. Um’s kurz zu machen: Wir haben es nicht geschafft, die Dunkelheit war schneller und wir verbrachten die Nacht durchnässt in einer Hüttenruine in der Caldera, samt ordentlicher Unterkühlung am nächsten Morgen. Die Frage ist: Können Börjes und Koch was dafür, wenn wir so doof sind?
Mal sehen:
1.) Rechnen wir nach: Wir sind tatsächlich fünf Stunden zügig am Stück gelaufen. Am Zeltplatz lagen wir nach 1,5 Stunden gut in der Zeit, haben kurz die Wasserflaschen gefüllt. Wir hätten also bei Einbruch der Dunkelheit eine halbe Stunde vor Wanderungsende sein müssen. Dem war nicht so: Wir haben am nächsten Tag zweieinhalb weitere Stunden gebraucht. Zu Deutsch: selbst wenn wir zwei Stunden früher losgelaufen wären, hätte es nicht gereicht. Zudem hätten auch wir eine siebenstündige Wanderung nicht mehr angefangen. Haben wir also die Wanderung unterschätzt?
2.) Wir haben sie so eingeschätzt, wie sie angekündigt war: »Da sich immer mehr Wanderer mit Jeeps (zum Aussichtspunkt) bringen lassen, ist die große Caldera Wanderung zur beliebtesten Strecke geworden. … Die Richtung zum Zeltplatz ist nicht zu verfehlen… Der Weg führt… in das breite Bachbett, in dem Sie häufig von Stein zu Stein hüpfend den Bach überqueren müssen … Sie überqueren den danach schmaleren Fluss unzählige Male, …«. Wenn das Wasser hoch steht, nehme man Umgehungen hier und da. Und weil wir ahnten, dass es zum Ende hin knapp werden könnte, haben wir uns besonders das Ende der Wanderung angesehen: »Die letzten 1,5 Kilometer bis zum Parkplatz können Sie wieder im Flussbett gehen.« Fertig.
Das klingt, mit Verlaub, wie eine Wanderung, zu der ich zwischen 8 und 80 Jahren jeden trittsicheren Menschen mitnehmen könnte, gerade heutzutage, wo sich ja »immer mehr Wanderer mit dem Jeep hochbringen lassen« (woraus ich lese, dass der Jeep-Teil offenbar der kniffligste ist). Das gilt gerade in einem Buch, das an anderer Stelle auf Vulkankratern schon vorsichtig genug ist, um Eltern, die starke Winde nicht erkennen können, den Tipp zu geben, sie möchten ihre Kinder festhalten, damit sie nicht vom Berg geweht werden.
Die Wanderung, die wir vorfanden waren, sah so aus: Kaum vorhandene Markierungen, kaum Schilder, Wege die nicht zu erkennen waren, ein Fluss, der von Menschen mit 60 Kilo Körpergewicht wegen der Strömung nur schwer zu durchwaten war (Kinder unter 30, 40 Kilo hätte man zweifelsohne zusätzlich tragen müssen).
Die Felsen, über die wir Mittdreißiger zunehmend über uns selbst staunend geklettert sind, sind Freeclimbern gewiss problemlos zuzumuten, sobald aber etwa ein sonst rüstiger Normalo um die 50, 60 auch nur eine arthritische Greifschwäche hat, darf man ihn aus dem Fluss fischen, mit Glück nicht allzu weit stromabwärts. Übrigens kann sowas auch kletterfreudigen Kindern mal Panik machen, wenn drei Meter tiefer der Bach nicht plätschert, sondern der Fluss rauscht — und dann? Soll Pappi mit 40 Kilo Kind auf dem Rücken in den Felsen hängen?
Es gab mehrere Stellen, an denen hätte man statt zu Teleskopstöcken genauso gut zum Mitnehmen von Schaschlikstäbchen raten können — der Taburiente war phasenweise oberschenkelhoch und wäre auch durch stundenlanges Stochern nicht flacher geworden. Bei einsetzendem leisen Regen war Waten ohnehin nicht das Mittel der Wahl, zumal Borjes/Koch ja in der Einleitung nicht vergessen haben, auf das starke Anschwellen des Flusses bei Regen hinzuweisen — wohl aber darauf, dass dieses Anschwellen auf die Wanderdauer irgendeinen Einfluss haben könnte. Dafür gäbe es ja landschaftlich nicht ganz so reizvolleUmgehungen.
Warum wir die Umgehungen nicht genommen haben? Weil sie nicht zu finden waren. Und nein, die Wege waren auch am nächsten Morgen bei Tageslicht nicht leichter zu entdecken — der Schluss lag nahe, zum Bewältigen der Strecke in 5,5 Stunden müsse man mindestens ortskundig sein. Oder aber, Börjes und Koch seien größere Teile des Wegs abkürzungshalber einfach mal senkrecht gefallen. Nicht selten dabei auf den Kopf.
3.) Wie bitte? Warum wir so schlampig gelesen haben? Direkt unter der Großen Caldera-Wanderung steht der Wanderabschnitt im Flussbett nochmal als eigene Wanderung beschrieben? Vielen Dank, das hätten wir fast vergessen: Die sinnreiche Einrichtung von Querverweisen ist den Autoren offenbar völlig fremd. Dass ein Reiseführer kein Roman ist, den man von vorne bis hinten liest, sondern dass manche Menschen vielleicht die einleitenden Kapitel lesen und sich dann von Tag zu Tag eine Wanderung (gern auch mal nach der angegeben Länge) aussuchen, scheint ihnen undenkbar. Tatsächlich findet, wer zunehmend ratlos durch den Fluss tappt, auf der Suche nach Hinweisen den Flussbett-Abschnitt als eigene Wanderung, wenn auch in umgekehrter Richtung. Und wie liest sich unser beliebter 08/15-Ausflug denn dort?
Der Fluss, dem wir doch angeblich nur folgen müssen, lässt sich dort gar nicht mehr einfach überqueren. »Manches Mal, im Winter oder Frühjahr, wenn er mehr Wasser führt, reicht das (vorher so lapidar erwähnte Springen) nicht: Man muss ihn durchwaten oder weiträumig umgehen.« Herzlichen Dank, wir hatten uns schon gewundert, warum uns die »unzähligen Überquerungen« so merkwürdig schwer fallen. Hätten wir vielleicht eher wissen sollen. Hilfe gibt’s allerdings auch in dieser zweiten Beschreibung nicht, weil Börjes/Koch nun vollends zu fantasieren anfangen: »Die Parkverwaltung hat an mehreren Stellen — auch um Kletterpartien an Steilstufen zu vermeiden — Umgehungswege angelegt. Diese Wege sind ausgeschildert.« Wir haben natürlich hier und da manches Schild gefunden. Nur nicht vor unseren zahlreichen »Kletterpartien an Steilstufen«. Und wir können versichern: wir haben sehr genau, fast schon flehentlich nach den so verheißungsvoll klingenden Schildern der Parkverwaltung gesucht.
Was dazu beigetragen haben könnte: die völlig neue Form der Wegbeschreibung, die zweifellos als Börjes-Koch-Variante in die Wanderführerliteratur eingehen dürfte. »Wichtig ist der Umgehungsweg … an einem kleinen Stauwerk… (Sie finden die Umgehung sehr weit vorher auf der linken Seite).« Das ist prima, das ist innovativ, da weiß man doch vom Start weg: »Jetzt guck ich gleich mal links nach einer Umgehung, vielleicht kommt ja irgendwann sehr weit nachher mal ein kleines Stauwerk!« Oder man weiß sofort beim kleinen Stauwerk: »Donnerwetter, jetzt kenne ich doch glatt eine hilfreiche Umgehung irgendwo sehr weit hinter mir.« Aber das ist natürlich polemisch, weil uns das sowieso nichts genützt hätte: Weil wir ja nicht den Einstieg, sondern den Ausgang der sagenumwobenen Umgehung gebraucht hätten, und der steht eh nicht drin. Die uns zugedachten Umgehungen waren hingegen eher so beschrieben: »Ein weiterer Umgehungsweg beginnt auf der rechten Schluchtseite.« Prädikat: Nicht zu verfehlen.
Zum Fazit:
Zwölf kühle Stunden in einer zerfallenen Hüttenruine sind ziemlich unschön, für manchen sogar ziemlich beunruhigend, aber gut: Wilde Tiere gibt’s ja nicht (steht im Führer, glauben wir mal), und außerdem haben wir ja auch noch Glück gehabt — wären wir anderthalb Stunden eher losgegangen und hätten für die 5,5-Stunden-Wanderung sicherheitshalber sieben Stunden veranschlagt, hätten wir nicht mal die marode Hütte gehabt. Und Gottseidank haben wir die (man erinnere sich) auch für eintägige Aufenthalte vorgeschlagene Tour nicht als Krönung für unseren letzten Urlaubstag aufgehoben.
Das Verfassen von Wegbeschreibungen ist eine Sache für sich und mag nicht immer leicht sein. Aber niemand ist gezwungen, einen Beruf draus zu machen. Und wer’s zu anstrengend findet oder keine Lust hat, dabei mit durchschnittlich doofen Lesern zu rechnen, sollte es wohl besser lassen. Allein schon sicherheitshalber.
Antwort der Autorin:
Re: Kritik zum Buch Wir nehmen Reaktionen unser Leser immer ernst, insbesondere dann, wenn sie, wie Herr Vermes, unterwegs auf La Palma mit Problemen zu kämpfen hatten. Seiner speziellen Kritik aber können wir aus vielerlei Gründen nicht folgen.
Wir schreiben im Buch unter »Hinweise für Wanderer« (S.58ff): »Beginnen Sie eine Wanderung von mehr als 3 Stunden nur am Vormittag.«
Fakt ist: Herr Vermes begann eine Wanderung, die mit 5,5 Stunden angegeben ist, um 15 Uhr, und das obwohl er schon einen dreistündigen Aufstieg über 900 Höhenmeter (statt einer Anfahrt im Taxijeep) hinter sich hatte.
Herr Vermes meinte, er könnte bis zum Einbrechen der Dämmerung das Ziel erreichen, das wäre laut Zeitangabe im Buch bei seinem Start in Los Brecitos um 15 Uhr gegen 20.30 Uhr gewesen.
Fakt ist: Im Februar ist es schon um 19 Uhr nicht nur in Deutschland dunkel, sondern auch auf La Palma. Hier ging die Sonne im Februar zwischen 18.45 und 19 Uhr unter. Die Dämmerung begann entsprechend früher. Dies nicht zu bedenken, wenn man ohnehin schon mehr als 3 Stunden zu spät gestartet ist, ist geradezu leichtsinnig. Selbst bei günstigsten Witterungsbedingungen wäre bei einem Start um 15 Uhr eine Übernachtung in der Caldera unausweichlich gewesen, sieht man von Juni und Anfang Juli mit dem spätesten Sonnenuntergang ab.
Unter »Hinweisen für Wanderer« finden Sie ebenfalls die Warnung »Nach starken Regenfällen sollten Sie….keineswegs in der Caldera de Taburiente wandern…..«
Fakt ist: Im Februar hat es auf La Palmas Westseite starke Regenfälle gegeben und zwar an den meisten Tagen des Monats. Entscheidend für den Start zur Wanderung ist nicht, ob es zwei Tage nicht geregnet hat, sondern wie stark vorangegangene Regenfälle waren. Unter solchen Voraussetzungen informiert sich jeder verantwortungsbewusste Wanderer, bevor er startet, über die Wegverhältnisse. Möglichkeiten dazu gibt es 1. im Informationszentrum des Nationalparks, 2. im Kiosk des Nationsparks auf dem Weg zur Furt und 3. noch während der Wanderung im Besucherzentrum am Zeltplatz.
Zur Wanderbeschreibung und den Kritikpunkten: Die große Calderarunde ist bei normalen Witterungsverhältnissen tatsächlich eine Wanderung, die sich ohne besondere Schwierigkeiten bewältigen läßt. Sie gehört zu den beliebtesten Tageswanderungen sowohl von Individualwanderern als auch von Wanderveranstaltern. Ich selbst, Irene Börjes, lebe seit 1988 auf dieser Insel und habe von 1991 — 2002 auf La Palma als Wanderführerin gearbeitet. Die große Calderarunde habe ich — bis auf einmal, wegen starker vorangegangener Regenfälle — mit allen Gruppen gemacht. Unterwegs war ich mit erfahrenen wie unerfahrenen, jungen wie alten Teilnehmern. Der Weg ist kein Spaziergang, aber kein Mitwanderer musste dabei besondere Ängste ertragen oder nahezu unüberwindliche Hindernisse bewältigen. Alle Teilnehmer waren richtig ausgerüstet und zur richtigen Zeit unterwegs. Die Dauer der Wanderung betrug je nach Kondition und Wasserstand 4,5 — bis max. 6 Stunden.
Alle Umgehungswege sind ausgeschildert. Kein Weg ist so gestaltet, dass jemand am Fels hängen muss. Möglich ist, dass es während der Wanderung von Herrn Vermes manche Passagen gab, die auf Grund der starken Regenfälle verschüttet waren oder dass ein Schild abgerutscht war, zusätzlich erschwerend war ganz sicher der hohe Wasserstand im Fluss. Aber wahrscheinlich ist auch, dass er nach einer langen Wanderung und der folgenden Zwangsübernachtung müde, erschöpft, hungrig war und deshalb Passagen, die er unter anderen Bedingungen problemlos bewältigt hätte, als extrem schwierig empfand. Staustufen kann man übrigens schon aus einiger Entfernung sehen und dann besonders auf die ausgeschilderten Umgehungswege ahcten. Da dieser Weg von zentraler touristischer Bedeutung ist und er zudem die Verbindung zu dem mit Personal besetzten Information- und Besucherzentrum am Zeltplatz darstellt, wird er ständig instand gehalten.
Unser Fazit: Herr Vermes hat die im Buch beschriebenen Warnungen und Hinweise ignoriert. Seine Zwangsübernachtung in der Caldera hat er sich selbst zuzuschreiben. Es tut aber auch uns als Buchautoren leid, dass er bei Witterungsverhältnissen auf La Palma war, die diese Wanderung, sicher auch bei einem früheren Start, schwierig machten. Unsere Konsequenz ist, dass wir, solange die derzeitige Auflage im Buchhandel ist, weiterhin im Internet auf mögliche Schwierigkeiten, die sich witterungsbedingt bei Wanderungen ergeben können, hinweisen und in der folgenden Auflage zusätzliche Hinweise in den Text aufnehmen werden.
Zu den Schlussbemerkungen von Herrn Vermes eine Schlussbemerkung von uns: Das Buch mit einer Beschreibung der großen Calderarunde ist seit 1992 im Buchhandel. Der Text wird spätestens alle drei Jahre aktualisiert. Ein Schreiben wie das von Herrn Vermes haben wir von den etwa 70 000 Käufern und vermutlich mehr als 150 000 Lesern bisher nicht bekommen, obwohl unsere Leser, wie wir aus den Rückmeldungen wissen, zu den fleißigen Wanderern und Briefschreibern zählen.