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Dieses Thema hat 2 Antworten
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Catalane Offline




Beiträge: 138

26.07.2009 14:01
RE: Spanischer Rentenleitfaden, BU/EU Antworten

Habe nun endlich meien Erwerbsunfähigkeitsrente hier in Spanien und auch parallel in Deutschland durch. Möchte euch an meinem Wissen teilhaben lassen. Ich habe die Aktionen zwar in der Provinz Girona durchgezogen, aber so sehr werden die provinzialen Unterschiede wohl nicht sein. Sollte jemand andere Erfahrungen gemacht haben, kann er es ja hier kund tun.

Auf meiner letzten Tour bin ich erkrankt. War erst bei mehreren Ärzten in Deutschland, wollte aber dann doch zurück zu meiner Frau, weil ich zu der Zeit noch mehr von der spanischen Medizin gehalten habe. Deshalb habe ich mich nicht in einer guten deutschen Fachklinik aufnehmen lassen, sondern bin zurück nach Spanien. Deshalb der erste Tip:
Geht dort zum Arzt, wo ihr auch die komplette Behandlung durchführen lassen wollt. Ein Wechsel in ein anderes Land ist im Nachhinein nicht mehr möglich. Es sei denn, man möchte riskieren, den Versicherungsschutz zu verlieren. Habe ich alles versucht, aber das ist ein anderes Thema.

Nachdem ich 12 Monate krank gefeiert habe, hat mich die Seguridad Social automatisch zum Berufsunfähigkeitsrentner auf Dauer gemacht (Incapacidad permanente total de la profession) Es gibt da auch noch die zeitlich beschränkte Berufsunfähigkeit (Incapacidad temporal total de la profession) Diese Berufsunfähigkeiten werden von der SS automatisch vergeben. Die Rente beträgt hierbei 55% des letzten versicherungspflichtigen Bruttoeinkommens ( also im Prinzip der Nomina).
Einzelheiten können auch hier nachgelesen werden:
http://ec.europa.eu/employment_social/so...Grundprinzipien

Die volle Erwerbsminderung in Spanien zu bekommen, ist seit ca. einem Jahr auch nicht mehr so einfach wie früher. Unsere lieben Spanier fallen da von einem Extrem ins andere. Früher haben sie die volle Erwerbsunfähigkeit auf Dauer (Incapacidad permanente y absoluta) jedem erteilt, selbst wenn er nur einen komplizierten Fingernagelbruch hatte, heute lehnen sie jeden Antrag, und auch den Widerspruch grundsätzlich ab. Da hilft nur die Klage vor dem Sozialgericht. Hat mir meine Rechtsanwältin auch logisch erklärt. Hierbei trennt sich schon mal die erste Spreu vom Weizen. Denn wer im Prinzip keine Chance auf die EU hat, der wird auch nicht klagen. Hierdurch werden schon einmal rund 50% der Leute aussortiert. Wieviele Millionen Ersparnis das für die SS ausmacht, kann sich wohl jeder selbst ausrechnen.
Und keine Angst vor der Klage. Auch in Spanien gibt es das Instrument der Prozesskostenhilfe für Bedürftige, aber dazu mehr weiter unten im Text.
In Zusammenarbeit mit meinem Rechtsanwalt habe ich eine aussagekräftige Akte für das Sozialgericht zusammengestellt.
Wichtige Unterlagen hierzu sind:
-Berichte möglichst vieler Ärzte/Fachärzte, welche die Krankheit/en möglichst genau beschreiben, die Medikation aufführen und wichtig, eine Einschränkung bei den Aufgaben des täglichen Lebens bestätigen (Informes medicos)

-sonstige ärztliche Unterlagen, Röntgenbilder, Blutbilder,einfach alles, was ihr von Ärzten oder Krankenhäusern habt.

-eigene Beschreibung der Krankheit

-eigene Beschreibung der Beschränkungen des täglichen Lebens (hier darf auch ein wenig übertrieben werden, aber auch nur ein bischen, sonst fällt man auf )

- die letzten 2 Monate vor der Verhandlung ein Tagebuch über den Krankheitsverlauf führen. (Auch hier kann man ein wenig ausschücken. Aber es muss im Endeffekt alles zusammenpassen und darf nicht übertrieben wirken)

- Gutachten eines neutralen Arztes als Gutachter. Der wird in der Regel vom Rechtsanwalt bestimmt. Kosten rund 1.000€, sollte aber von der Prozesskostenhilfe übernommen werden. Dazu später mehr.

-Wenn man die Möglichkeit hat, einen unabhängigen Arzt der Berufsgenossenschaft hinzuzuziehen, sollte man das tun, denn deren Aussagen haben eine ziemlich hohe Beweiskraft

Sobald der Rechtsanwalt alles eingereicht hat, wird der Prozesstermin bekannt gegeben. Dieses kann zwischen 3 und 6 Monate dauern. Für einen Prozess, der gerade mal 5-20 Minuten dauert. Sollte ein Dolmetscher für den Prozess vonnöten sein kann der Rechtsanwalt diesen beantragen. Die Kosten dafür werden vom Gericht getragen. Aber auch nur für die Verhandlung, nicht vorher nicht nachher.

Nach dem Prozess dauert es etwa 14 Tage bis das Urteil vorliegt. Danach nochmals 5 Tage bis zur Rechtskraft. In der Zeit können beide Parteien das Urteil noch anfechten. Von Seiten der SS wird aber in der Regel darauf verzichtet.

Die höhere Rente aufgrund der vollen Erwerbsminderung (100% vom vorherigen beitragspflichtigen Bruttoeinkommen unter Beachtung der Höchstgrenzen) wird seit dem Datum des ersten Einspruchs gegen die Berufsunfähigkeit und Antrag auf EU nachgezahlt.
Laut Aussage meiner Rechtsanwältin zahlt beim Gewinn des Prozesses, bei dem es um einen finanziellen Vorteil geht, die Prozesskostenhilfe nicht mehr, aber da bin ich noch im Clinch mit ihr.
Denn die Kosten belaufen sich wie folgt:
Rechtsanwalt zwischen 3.000 - 4.000 €
Gutachter 1.000 €
Kann also bis zu 5.000€ Kosten, der ganze Spass. Gut, in der Regel lohnt sich das ja, weil die volle Erwerbsunfähigkeitsrente lebenslang gezahlt wird. Aber so eine nette hohe Nachzahlung möchte man ja auch nicht abgeben.

Prozesskostenhilfe:
Man muss beim zuständigen Sozialgericht mit dem Nachweis über das Einkommen seiner Familie (Vater,Mutter, Kinder) und einer Auflistung seiner monatlichen Kosten vorsprechen. Das Gericht erstellt danach einen Vordruck, mit welchem man bei der zuständigen Anwaltskammer vorsprechen muss. Dort wird dann ein entsprechender Fachanwalt zugewiesen, über den alles weitere zu laufen hat.

Mehr über die Prozesskostenhilfe gibts hier:
http://www.justiciagratuita.es/pjg/home.do?idColegio=2039

Sollte die Rente oder das Einkommen hier in Spanien nicht zum Leben reichen, gibt es auch in Spanien die Instrumente der Sozialhilfe oder Mietbeihilfe. Die Höhe richtet sich nach dem Mindesteinkommen und ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich. Mehr kann ich dazu aber nicht sagen. Nach dem gewonnenen Rentenprozess habe ich das Antragsverfahren auf Sozialhilfe und Mietbeihilfe im Sande verlaufen lassen.

Und zum Schluß noch ein Wort zu den zwischenstaatlichen Renten:
Jede Rente wird in dem Land beantragt, in dem man seinen momentanen Wohnsitz hat. Also die deutsche Alterrente über die spanische SS.
Wenn man die spanische EU-Rente beantragt und man hat auch Anwartschaftszeiten in Deutschland, kann man formlos eine Beantragung der deutschen EU-Rente von der spanischen SS verlangen. Die deutsche Rente wird anabhängig von der spanischen Rente gezahlt. Es erfolgt keine Verrechnung.
Habe ich noch irgendetwas vergessen ? Dann meldet euch bitte. Wenn jemand online Hilfe beim Antragsverfahren benötigt, würde ich ihn wohl im Rahmen meiner bescheidenen Mittel unterstützen.

Ich hoffe, dass dieser Thread für den einen oder anderen interessant war.

LG
Uwe

edit: Fehlerbeseitigung. Wer jetzt noch Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

[ Editiert von Catalane am 26.07.09 14:08 ]

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bien_conocido Offline




Beiträge: 323

26.07.2009 15:44
#2 RE: Spanischer Rentenleitfaden, BU/EU Antworten

Danke...
Sowas ist ein Paradebeispiel für ein INFORMATIVES Forum!
So soll das hier funktionieren!

Noch eine Frage:
Bei "Gewinn" des Prozesses zahl die Prozesskostenhilfe nicht? Aber, muss dann nicht der "unterlegende" Gegenpart dann alle Kosten sowieso tragen?

Catalane Offline




Beiträge: 138

26.07.2009 15:54
#3 RE: Spanischer Rentenleitfaden, BU/EU Antworten

Laut Gesetz muss die unterlegene Partei die Kosten zahlen. Warum das in diesem Fall nicht so ist, weiss ich noch nicht. Da bin ich noch am kämpfen.
Auch mit meinem neuen höheren Einkommen läge ich auch noch im Bereich der Prozesskostenhilfe. Ich habe meine Anwältin in Verdacht, das sie versucht, das zu unterbauen, weil sie dann weniger oder garnichts bekommt.
Sobald ich da neues weiss, werde ich es hier niederschreiben.

Uwe

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